Die Waldwoche – eine Idee wird zur Tradition
Als sich am 16.9.93 die Fachkonferenz Biologie der KGS mit dem Revierförster Tegtmeier aus der Westermark in Syke traf, um über Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu diskutieren, ahnte keiner der Anwesenden, dass hier der Grundstein für eine inzwischen fast 24jährige Tradition gelegt wurde.
Dazu waren allerdings mehrere Voraussetzungen nötig:
- Das niedersächsische Schulgesetz sieht die Möglichkeit eines Jugendwaldeinsatzes in einem Jugendwaldheim vor.
- Die Jugendherberge Syke lag direkt am Rande der Westermark.
- Der Revierförster war bereit, zusammen mit mehreren Forstwirten eine Klasse zu betreuen.
So entstand die Idee einer Waldwoche, nicht in einem weit entfernten Waldgebiet (z.B. Harz, Solling, Heide), sondern ortsnah in der Westermark (später auch im Friedeholz) durchzuführen, mit Unterbringung in der Jugendherberge.
Die Zielsetzung für diese Woche geht weit über die Inhalte, die im Biologie-Unterricht in der Schule behandelt werden können, hinaus. Das Kennenlernen der vielfältigen Bedeutung des Waldes als Wirtschaftsraum, Arbeitsplatz und Ökosystem steht im Vordergrund. Dies sollte aber nicht durch abstrakte, theoretische Behandlung, sondern bei dem körperlichen Einsatz erreicht werden. Dabei sollte sich bei der Bewältigung gemeinsamer Aufgaben ein möglichst hohes Maß an Teamfähigkeit entwickeln.
Als besonders geeigneter Termin hat sich die letzte Schulwoche vor den Osterferien erwiesen. Dabei ist nicht die Wetterlage das entscheidende Kriterium, sondern die im Wald anfallenden Aufgaben. Aus rechtlichen (Jugendarbeitsschutzgesetz) und schulorganisatorischen Gründen kommt nur eine Klasse des 8.Jahrgangs in Frage, die in der Regel von dem/der Biologielehrer/in und von dem/der Klassenlehrer/in begleitet wird. Die Auswahl einer geeigneten Klasse erfolgt in Absprache zwischen den Kolleginnen und Kollegen. Die wichtigste Voraussetzung ist ein hoher Prozentsatz von Schülerinnen und Schülern mit einer positiven Einstellung zu dieser Veranstaltung.
Der Ablauf der Woche gestaltet sich nach einem relativ festen Plan. Am Montag ist um 6.45 Uhr Treffpunkt an der KGS. Die Anfahrt erfolgt mit dem Fahrrad, damit man in der Woche, vor allem bei den zum Teil erheblichen Entfernungen im Wald, mobil ist. Der Gepäcktransport wird von hilfsbereiten Eltern übernommen, da manche Reisetasche die Möglichkeiten eines Fahrrads deutlich überschreitet. Zur Anreise trägt man bereits die Arbeitskleidung, da an der Herberge der Förster und die Forstwirte warten, um die Schülergruppen zu ihren verschiedenen Einsatzorten zu begleiten. Dort werden sie in ihre Aufgaben eingewiesen. Dies können z.B. sein:
- Ab- bzw. Aufbau von Schutzzäunen
- Schälen von Baumstämmen
- Markierung von Z(=Zukunfts)-Bäumen
- Neu- bzw. Umpflanzungen
- Pflegemaßnahmen an Wegen
- Kartierung von Biotopbäumen
- Waldrandpflege ….u.v.a.
Bei diesen Arbeiten ergeben sich zwangsläufig Fragen zu Sinn und Zweck dieser Maßnahmen für den Wald und damit der Bedeutung des Waldes für uns. Förster und Forstwirte erweisen sich dabei als äußerst kompetente und mitteilungsfreudige Gesprächspartner. Der Arbeitseinsatz im Wald dauert jeweils von 8.00 Uhr bis 12.15 Uhr, wobei die Aufgaben der Gruppen täglich wechseln.
An den Nachmittagsstunden warten auf die Schülerinnen und Schüler Aufgaben, die im Vorfeld mit den begleitenden Lehrern abgesprochen wurden wie z.B. Mathe-Kompaktkurs, Lesen und Vorstellen unterschiedlicher Lektüre, Darstellung der Waldwoche für die Schul-Homepage, u.v.a.
Zu Beginn des Jahres 2003 schien die Weiterführung der Waldwoche unmöglich zu werden. Die Jugendherberge musste aus Gründen der Rentabilität verkauft werden. Die neue Besitzerin wurde die „Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Westflügel“, eine Einrichtung zur Betreuung psychisch kranker Menschen. Die Mitarbeiter des Hauses machten es aber möglich, dass die Unterbringung weiterhin gewährleistet ist. Ein Unterschied ist allerdings deutlich: Die Betreuung und Verpflegung wurde erheblich verbessert. Die Mitarbeiter und Bewohner des Hauses geben uns immer das Gefühl, gern gesehene Gäste zu sein.
Die Erfahrungen mit den Schülerinnen und Schülern über die Jahre sind von deutlichen Unterschieden geprägt. Der überwiegende Anteil ist engagiert und lernwillig und im Laufe der Woche ist eine ständig wachsende Teamfähigkeit zu beobachten. Es bereitet große Freude, mit solchen Schülerinnen und Schülern die Woche zu verbringen.
Es gibt aber auch andere Verhaltensweisen von Schülern. Sie haben es noch nicht gelernt angemessen „Zuzupacken“, sehen eigene Interessen für wichtiger an als die des Teams und fallen häufig durch ihre Bereitschaft zu negativer Kritik auf.
Die Klasse G8c, die im Frühjahr 2017 für die Waldwoche ausgewählt wurde, hat die richtige Einstellung gezeigt. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse zeigten eine hohe Motivation, vorbildliche Einsatzbereitschaft und freundliche Umgangsformen. Vor allem der offene und respektvolle Umgang mit den Bewohnern des Westflügels ist hervorzuheben.
Abschließend muss noch erwähnt werden, dass der Förderverein der KGS über all die Jahre die Waldwoche durch einen Zuschuss unterstützt, um den Unkostenbeitrag der Teilnehmer zu senken.
Josef Jung